Reklamationen Teil 3: Verhalten im Gespräch

von | 7. Oktober 2018 | Verkauf optimieren | 0 Kommentare

Reklamationen sind eine große Chance. Sie bieten uns die Möglichkeit, unsere KundInnen noch stärker an uns zu binden oder sie zu neuen Stammkunden zu machen. In diesem dritten Teil unserer Serie zum Umgang mit Reklamationen geht es um das persönliche Gespräch. Wie gehe ich auf verärgerte KundInnen ein? Und wie schaffe ich es, dass sie mit einem guten Gefühl unser Geschäft verlassen und gerne wiederkommen? Wie verhalte ich mich bei Retouren?

Reklamationen Teil 3: Verhalten im Gespräch

von | 7. Oktober 2018 | Verkauf optimieren | 0 Kommentare

Reklamationen sind eine große Chance. Sie bieten uns die Möglichkeit, unsere KundInnen noch stärker an uns zu binden oder Sie zu neuen Stammkunden zu machen. In diesem dritten Teil unserer Serie zum Umgang mit Reklamationen geht es um das persönliche Gespräch. Wie gehe ich auf verärgerte KundInnen ein? Und wie schaffe ich es, dass sie mit einem guten Gefühl unser Geschäft verlassen und gerne wiederkommen? Wie verhalte ich mich bei Retouren?

Interessante Ansichten: die eigene Einstellung gegenüber Reklamationen hinterfragen

Als ich mich nach meinem Studium ehrenamtlich im Weltladen Stadthagen engagiert habe, ist mir Folgendes passiert: Eine Kundin betritt mit finsterer Miene unser Geschäft. Die kürzlich bei uns gekaufte rote, längliche Geldbörse trägt sie in der Hand. Der Reißverschluss des Münzgeldfaches ist defekt. Für mich ist es eine unangenehme Situation, in der ich mich unwohl und zugleich unsicher fühle. Meine Einstellung gegenüber Reklamationen damals:

„Och nein, bitte keine Reklamation. Darauf habe ich ja gar keine Lust.“ (Selbiges galt für den Fall, dass KundInnen etwas zurückgeben wollten.)

Doch betrachten wir folgende spannende Zahlen, wirft dies gleich ein ganz anderes Bild auf das damals „leidige“ Thema.

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Nur etwa 4 Prozent der unzufriedenen KundInnen reklamieren überhaupt

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96% der KundInnen reklamieren trotz Produktmangel oder Unzufriedenheit NICHT - und kommen womöglich nie wieder zu uns

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96% aller KundInnen reklamieren NICHT - und kommen womöglich nie wieder zu uns

Wenn nur 4 (!) Prozent der unzufriedenen Kundinnen und Kunden reklamieren, bedeutet dies für meine eigene Einstellung: als VerkäuferIn sollte ich dankbar dafür sein, dass die KundInnen den Weg zu mir zurückgefunden haben. Und dies sogar in mehrfacher Hinsicht:

Rückmeldungen zu meinen Produkten

Meine KundInnen geben mir wertvolle Informationen über das defekte Produkt. Ich kann reagieren und die Produkte aus dem Sortiment nehmen oder dem Lieferanten Bescheid geben.

Meine KundInnen haben Zeit und Geld investiert

Stell dir vor, du machst dich wegen eines Umtauschs noch einmal auf den Weg, löst ein Bus- oder ein Parkticket, gehst zum Geschäft und wartest dann an der Kasse, bis die Verkäuferin Zeit für dich hat. Da hast du schon einiges investiert, oder?

Reklamationen sind eine Chance

Der erneute Besuch bietet mir eine großartige Möglichkeit, die „negative“ Situation zu klären und sie bestenfalls ins Positive zu wenden. Die allermeisten unzufriedenen KundInnen kommen aber nicht wieder. Daher sollte ich alles daran setzen, die Chance zu nutzen.

96 % der Kundinnen und Kunden, die mit einem Produkt unzufrieden sind, reklamieren nicht. Stattdessen kaufen sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wieder bei mir ein. Viel schlimmer noch – gegebenenfalls äußern sie sich in ihrem Bekanntenkreis negativ über mein Geschäft oder geben online eine schlechte Bewertung über mich ab.

Das richtige Verhalten im persönlichen Gespräch

Wir Kundinnen und Kunden sind bei defekten Artikeln oder anderen Enttäuschungen zumeist emotional. Dies ist wichtig zu wissen, wenn es um das richtige Verhalten bei Reklamationen im Gespräch geht. Nehmen wir das Eingangsbeispiel der Geldbörse mit dem kaputten Reißverschluss. Die Kundin war in diesem Fall enttäuscht, denn sie mochte das Produkt. Genauso gut hätte sie aber auch verärgert sein können angesichts des Produktmangels.

Zu Beginn geht es deshalb zunächst einmal darum, dass unsere KundInnen ihren Ärger, ihre Enttäuschung loswerden und wir Verständnis zeigen.

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Wichtig!

Auch wenn wir eine solche Reklamation noch nie hatten, müssen wir die Kundin vor uns und ihr Problem ernst nehmen. Das trifft auch auf subjektive Aussagen wie „der Reis hat ranzig geschmeckt“ zu.

Die Schritte der Reklamation im Kundengespräch

  1. Die KundInnen ihren Ärger loswerden lassen und aktiv zuhören. Rein sachlich sollten wir der emotionalen Person, der wir gegenüberstehen, nicht begegnen. Damit wir auf die sachliche Ebene gelangen und gemeinsam Lösungen erarbeiten können, muss sie sozusagen zunächst „Dampf ablassen“. Hierfür ist es wichtig, unseren KundInnen  aktiv zuzuhören. Das bedeutet, dass wir sie zwischendurch bestätigen durch nickende Gesten oder ein kurzes „Ja, das verstehe ich“.
  2. Verständnis zeigen: „Dass Sie enttäuscht/ verärgert sind, verstehe ich sehr gut. An Ihrer Stelle ginge es mir genauso.“
  3. Was ist genau passiert? Nun geht es darum, ohne jegliche Schuldzuweisung herauszufinden, was genau passiert ist. Die KundInnen werden bspw. gefragt, wann und wie der Fehler aufgetreten ist.
  4. Lösung
    1. Die Kundschaft nach ihrer Sicht fragen: „Dass der Reißverschluss Ihrer Geldbörse kaputt gegangen ist, ist wirklich ärgerlich. Das verstehe ich. Sagen Sie: was können wir jetzt am besten für Sie tun/ was haben Sie sich vorgestellt/ wie lösen wir das Problem gemeinsam?“ Es ist sehr wichtig zu wissen, was genau die KundInnen möchten. Möchten sie Ersatz, einen Warengutschein oder das Geld zurück? Oder wollten sie nur ihren Ärger loswerden und sagen uns jetzt, dass sie gar keine Entschädigung möchten? Letzteres kann gerade dann passieren, wenn es sich um niedrigpreisige Artikel handelt.
    2. Der Kundin eine Lösung anbieten und Zustimmung einholen: „Sie können gerne Ersatz bekommen. Wenn wir das jetzt so machen, ist das in Ordnung für Sie?“ Falls die von der Kundschaft gewünschte Lösung so nicht machbar ist, biete Alternativen an: „Leider geben wir grundsätzlich kein Geld zurück. Was wir gerne für Sie tun, ist Ihnen kostenfreien Ersatz zu bestellen, gerne auch direkt nach Hause. Oder Sie erhalten von uns einen Warengutschein. Was ist Ihnen lieber?“

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Extra-Tipp #1

Als kleine Wiedergutmachung können wir unseren KundInnen ein kostenfreies Getränk im Ausschank anbieten oder ihnen eine (kleine) Tafel Schokolade, eine Produktprobe oder dergleichen mitgeben. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn wir dem Wunsch nicht entsprechen können (z.B. Geldrückgabe). Diese Aufmerksamkeit kann neben unserem freundlichen Verhalten maßgeblich dazu beitragen, dass unsere KundInnen unser Geschäft zufrieden verlassen und gerne zurückkehren.

Extra-Tipp #2

Daran anschließend: grundsätzlich werden begeisterte KundInnen gerne wieder zu uns kommen und uns von sich aus weiterempfehlen. Hier sind Reklamationen wahrlich eine riesige Chance – insbesondere wenn wir bedenken, dass KundInnen nicht nur kurzfristig bei uns kaufen. Bestenfalls tun sie dies über Jahre hinweg. Aus diesem Grund sollten wir so kulant wie möglich sein und dafür kurzfristige Kosten in Kauf nehmen. Wir werden dafür mit einer starken Kundenbindung und langfristigen Umsätzen belohnt.

Kleine Randbemerkung: Es kostet euch wesentlich weniger, euren KundInnen etwas zu schenken als wenn diese seltener oder vielleicht gar nicht mehr zu euch kommen. Oder umgekehrt: Ihr könnt die „negative“ Situation mit eurem, an den Bedürfnissen der KundInnen ausgerichteten, Verhalten um 180 Grad drehen. Möglicherweise kauft die vorher noch unzufriedene Kundin im Anschluss öfter bei euch ein. Und sie empfiehlt euer Geschäft auch noch weiter weil sie sagt: „Ich war kürzlich im Weltladen und hatte eine Reklamation. Die Mitarbeiterin war sehr zuvorkommend. Ich gehe gerne wieder dort einkaufen. Geh doch auch mal hin, es gibt wirkich exklusive Geschenke dort.“

Extra-Tipp #3

Weise beim Kauf an der Kasse darauf hin, dass der Artikel innerhalb einer bestimmten Frist zurückgegeben bzw. umgetauscht werden kann (falls ihr so etwas anbietet).

Geld zurück? Oder lieber doch nicht? Und wie umgehen beim Spezialfall Rückgaben?

Die Themen Geldrückgabe und Retouren entfachen in vielen Weltläden eine Grundsatzdebatte. Diese oftmals emotional geführte Diskussion basiert auf Ängsten. Angst davor, bei unberechtigten Reklamationen Geld zu verlieren. Angst davor, den Umsatz zu verlieren, wenn ein Produkt wieder zurückgegeben wird. Und natürlich Angst davor, dass KundInnen jetzt immer ihre gekauften Produkte bei Nichtgefallen retournieren würden. Doch was ist im Sinne unserer KundInnen? Und wie handhaben es unserer Mitbewerber (on- und offline)?

Ich empfehle ganz klar, bei berechtigten Reklamationen das Geld zurückzugeben, sofern es die Kundschaft wünscht. Denn die langfristige Bindung von KundInnen ist absolut entscheidend: Wenn ihr eine begeisterte Kundschaft habt, die gerne bei euch kauft und euch von sich aus weiterempfiehlt, wird euch das langfristig zu wesentlich größerem Erfolg verhelfen. Und es wird indirekt zu besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen der Produzentinnen und Produzenten und ihren Familien beitragen.

Bei Retouren empfehle ich das gleiche: Gestattet Rückgaben und seid dort so kulant wie möglich, um eure KundInnen noch stärker an euch zu binden. Grundsätzlich basieren Rückgaben im stationären Einzelhandel immer auf Kulanz. Anders als im Online-Handel, wo ein gesetzliches 14tägiges Rückgaberecht besteht, gibt es dies im stationären Einzelhandel nicht. Wie das Handelsjournal aufführt, geben 28 Prozent der Einzelhändler in Deutschland ihren KundInnen das Geld bei einem Umtausch zurück. Vom Umtausch ausgeschlossen sind Lebensmittel, personalisierte Produkte, Unterwäsche oder Kosmetika (ausgenommen bei Produktmängeln).

Zusammenfassung: Umgang mit Reklamationen im Gespräch

  • Diese Punkte solltest du vermeiden:
    • deiner Kundschaft absichtliches Beschädigen oder Betrug unterstellen
    • deine KundInnen nicht wahr-/ ernstnehmen, z.B. „Also so etwas hatten wir ja noch nie/ Damit hatten wir ja noch nie Probleme“. Damit signalisierst du klar, dass das Problem bei der Kundin liegt.
    • Stur auf einer Lösung beharren wie „bei uns gibt es immer einen Warengutschein.
    • Reklamationen gar nicht erst annehmen: „Also Reklamationen macht bei uns nur die Frau Müller. Die ist immer Montag morgens da. Kommen Sie doch dann noch mal wieder.“
  • Auf diese Punkte solltest du achten:
    • die KundInnen möchten 1. ihren Unmut loswerden und 2. Lösungen für ihr Problem. Sorge dafür, dass sich eure Kundschaft verstanden fühlt. Und erarbeite gemeinsam mit ihr die Lösung, die sie sich wünscht und die gleichzeitig für euch machbar ist.
    • Sei flexibel bei den Lösungen. Wenn die von der Kundin gewünschte Geldrückgabe aufgrund der AGBs nicht möglich ist, biete ihr Alternativen an.
    • Gibt es für Reklamationen feste Ansprechpartner, die alleinig über die Fälle entscheiden? Notiere dir die Kontaktdaten der Kundin und versichere ihr, dass sich die Ansprechpartner zur Klärung alsbald bei ihr melden werden.
    • Geh selbst mit einer positiven Einstellung an Reklamationen heran. Betrachte sie als eine große Möglichkeit und sei dankbar für den erneuten Besuch der KundIn!