Reklamationen Teil 1: Das erzähle ich 18 Mio Menschen weiter – das Beispiel „United Breaks Guitars“

von | 5. Oktober 2018 | Verkauf optimieren | 0 Kommentare

Kein Mensch kennt Dave Carroll. Und plötzlich bekommt der Provinzmusiker 18 Millionen Klicks bei Youtube. Wie hat er das gemacht?

Eine abgeschmetterte Reklamation wird für die Fluggesellschaft zum Boomerang

Auf dem Weg zu einem seiner Konzerte sitzt Dave Carroll zusammen mit seinen Bandkollegen im Flugzeug beim Zwischenstopp in Chicago. Auf einmal beobachten sie, wie das Bodenpersonal vor ihren Augen mit Gitarrenkoffern umherwirft. Eine seiner wertvollen Gitarren, eine Taylor Gitarre im Wert von 3.500 $, wird dabei zu kostbarem Kleinholz verarbeitet. Was nun folgt, ist ein achtmonatiger Kampf durch die Instanzen von United Airlines, um die Fluggesellschaft zur Zahlung einer Entschädigung zu bewegen. United gilt zu diesem Zeitpunkt als größte Fluggesellschaft der Welt – und die Beschwerde-Odyssee endet mit einer definitiven Absage der Airline. Carroll erkennt, dass dies ein aussichtsloses Unterfangen ist und er eine andere Taktik anwenden muss. In seiner letzten E-Mail an die United Mitarbeiterin Mrs Irlweg kündigt er an, 3 Songs samt Musikvideo bei youtube hochzuladen und damit mindestens 1 Mio Menschen ansprechen zu wollen. Binnen kürzester Zeit erreicht er 3 Mio Aufrufe. Hastige Entschuldigungen seitens United folgen. Doch da ist es längst zu spät. Bei Carroll gehen kurz nach Erscheinen des Clips hunderte Telefon- und E-Mail Anfragen ein. Er ist in etlichen bekannten Fernseh- und Radioshows zu sehen. Ãœberregionale Zeitungen berichten über den Fall. United Airlines wird von einem bis dato kaum bekannten kanadischen Provinzmusiker in die Knie gezwungen. Heute hat sein erstes Video „United Breaks Guitars“ über 18 Mio Aufrufe. Der Refrain seines munteren Country-Songs lautet: „Ich hätte lieber mit einer anderen Fluggesellschaft fliegen oder das Auto nehmen sollen. Denn United zerbricht Gitarren.“ Ein PR Desaster, wie man es von United mittlerweile gewohnt ist. Die komplette Geschichte zum Nachlesen findest du im Artikel von brandeins. Dave Carroll hat nach eigener Aussage durch das Musikvideo über 100 Millionen Menschen mit seiner Geschichte erreicht. Die direkten Auswirkungen auf Passagierzahlen und Börsenkurs sind umstritten, allerdings brach der Aktienwert des Unternehmens in dieser Zeit um 10% ein – ein Schaden von bis zu 186 Mio Dollar. Davon hätte United Airlines auch rund 53.000 Gitarren kaufen können… Oder natürlich leckeren fair gehandelten Kaffee 🙂

Das können wir aus dieser Geschichte mitnehmen

  1. Bewertungen sind wie eine digitale Währung. Dave Carroll hat über United Airlines im Grunde genommen eine negative Rezension verfasst – und das auf sehr sympathische Art und Weise. Diese Bewertung führte zu einem herben Image-, und damit Aktienkursverlust. Es ist enorm wichtig für uns zu wissen, wo uns unsere KundInnen öffentlich bewerten können und wie wir auf diese Rezensionen reagieren sollten. Welches die wichtigsten Portale im Internet sind, in denen Einzelhändler bewertet werden können, erfährst du in Teil 2.
  2. Wir Menschen erzählen gerne weiter. Durchschnittlich 5 Personen berichten wir von einer positiven Erfahrung, z.B. vom letzten Kinobesuch, wenn uns der Film gefallen hat. Noch viel lieber verbreiten wir jedoch negative (Einkaufs)Erfahrungen. Im Schnitt erzählen wir 15 Menschen davon. Im Fall von „United Breaks Guitars“ sind es viele Millionen. Für uns als Geschäftstreibende gilt daher: negative Kundenstimmen durch guten Service und kulanten Umgang mit Reklamationen vermeiden. Lies in Teil 3 der Serie, wie du im Gespräch mit deinen KundInnen auf Reklamationen bestmöglich reagieren und diese sogar zum Positiven wenden kannst.
  3. Kommunikation läuft heute in Echtzeit ab – Unmut auch. Durch die Möglichkeiten des Internets und der sozialen Plattformen können unsere KundInnen noch vor dem Verlassen unseres Geschäfts eine Bewertung über uns abgeben, über uns schreiben oder Fotos mit dem Smartphone schießen und teilen – alles im Positiven wie im Negativen. Und mit einer großen Reichweite.  Stell dir die Geschichte mit der ramponierten Gitarre einmal ohne Internet vor. Dave Carroll hätte einen Leserbrief an eine Zeitung schicken oder United verklagen können. Mit ziemlicher Sicherheit hätte sein Fall aber nicht diese Verbreitung in so unglaublich kurzer Zeit gefunden (3 Mio Aufrufe binnen 2 Wochen).

In Teil 2 der Serie beschäftigen wir uns mit den 4 wichtigsten Bewertungsportalen für uns als Geschäftstreibende.